Randständige Unternehmer

Es war im Januar 2007 in Leipzig als ich ein Aha-Erlebnis hatte. Friedhelm Loh (Bild), Unternehmer, Vizepräsident des grössten deutschen Industrieverbandes und einer der 30 reichsten Deutschen hielt ein Seminar. Ich kann mich nicht mehr an den genauen Titel erinnern. Aber es ging um die Fragen, wie Unternehmer in der christlichen Gemeinde besser integriert werden könnten. Mein Aha-Erlebnis: Unternehmer sind tatsächlich so etwas wie „Randständige“ in unseren Kirchen. Milliardär Loh erzählte von sich und anderen Unternehmern und davon, was es so schwierig machte.
In einem Interview sagte er später dazu: „Man begegnet erheblichen Vorurteilen. Alles zwischen Ausbeuter und Wohltäter... Das liegt auch daran, dass es leider immer weniger christliche Unternehmer gibt. Man wird nicht "normal" behandelt... Das empfinde ich in vielen Bereichen als Belastung.“ Gleichzeitig seien Unternehmer geprägt vom Berufsumfeld, wo sie ständig entscheiden. Das ergebe eine gewisse Persönlichkeitsstruktur: „Da fällt es manchmal schwer, sich hinzusetzen, zuzuhören – und seinen Erfahrungshintergrund zu vergessen.“
Ich hatte mir davor kaum jemals überlegt, dass es gerade für diese Berufsgruppe schwierig sein könnte, sich in der christlichen Gemeinde wohl zu fühlen. Aber in einem Seminar mitten unter dieser Spezies fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ja, in der Tat, sowohl Pastoren wie auch Unternehmer müssen mutige Schritte aufeinander zugehen. Wir brauchen keine besonderen „Unternehmerkirchen“. Nötig ist eine Portion Mut und Demut, sich dem so ganz anderen auszusetzen. Unternehmer wollen nicht auf ihre Firma und ihr Vermögen reduziert werden. Und die Kirche tut gut daran, sie zuerst einfach als Menschen mit Hoffnungen, Ängsten und Sorgen zu nehmen, wie sie jeder kennt.
Was dann geschehen kann, lernte ich auch von Loh: Er engagiert sich nicht nur in der Gemeinde, sondern zudem in den Vorstanden vom Bibellesebund, bei ProChrist und Christival, ist Vorsitzender der Stiftung Christliche Medien (SCM) und hat das Bundesverdienstkreuz erhalten.
erschienen in idea Spektrum 11. April 2012

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