Schlechte Geheimnisse

Früher als Primarlehrer, später als „Kinderpfarrer“ und heute als Vater bemühe ich mich den Kindern einen guten Umgang mit Geheimnissen beizubringen. In allen pädagogischen Ausbildungen wird heute darauf geachtet, dass bereits den Kleinsten klar gemacht wird: Es gibt gute und schlechte Geheimnisse. Gute Geheimnisse machen mir und anderen Freude. Sie sind angenehm und tun niemandem weh. Es ist auch nicht tragisch, wenn ein gutes Geheimnis aus Versehen mal verraten wird. Die fröhliche Überraschung fällt dann halt weg.

Ganz anders die schlechten Geheimnisse: Sie sind unangenehm, machen Schmerzen und können nur mit grossem Druck wirklich geheim gehalten werden.

Was bei Kindern präventiv gelehrt wird, damit sie keinen Übergriffen und Missbräuchen von Erwachsenen ausgeliefert sind, könnte das Vorbild für viele Erwachsene sein. Ich denke da zuerst an den Finanzplatz Schweiz, der gerade in diesen Tagen erkennen muss, wie unangenehme und weitreichende Konsequenzen schlechte Geheimnisse haben können. Es wird schon Kindern aufgezeigt, Unrecht zudecken lohnt sich nicht. Die „erwachsene Schweiz“ muss jetzt feststellen, dass diese Weisheit auch für Banken gilt.

Aber nicht nur das: Wer beispielsweise die Bergpredigt Jesu liest, stellt fest: Unrecht verdecken, um das eigene Wohlergehen zu erhalten, ist ein Trugschluss. Am Ende kommt die Wende: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. ... Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“ Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit und Transparenz können nicht bloss Betrug aufdecken, es sind auch jene Werte, die Vertrauen und Nachhaltigkeit fördern. Genau das braucht unsere Gesellschaft jetzt.

BeO vom 27.02.2009

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