Kindisch oder kindlich?

Vier von zehn Schweizern beten mehrmals in der Woche. 60 Prozent sagen, das persönliche Gebet sei ihnen wichtig. Das Abendgebet ist an jedem dritten Kinderbett üblich und wird wieder beliebter.* Ist das Gebet etwas für ein paar wenige? Ist das Reden mit Gott nur etwas für Kinder? Offensichtlich beten mehr Menschen, als ich dachte. Dabei liegt es doch eigentlich auf der Hand, dass Menschen sich nach ihrem Schöpfer sehnen; wenn sie Geschöpfe sind...
In einer Zeit, in der es auf alle Fragen (mehr als) eine Antwort gibt, scheinen wir Menschen uns vermehrt an den zu richten, der die passenden Antworten zu unseren Lebensfragen hat. Manch einem kommt dies naiv vor. Aber beten ist nicht kindisch, schon eher kindlich. Jedenfalls macht Jesus gerade die Kinder zu Vorbildern in der Begegnung mit Gott: «Wenn ihr euch nicht ändert und so werdet wie die Kinder, kommt ihr nie in das Reich Gottes. Wer aber so klein und demütig sein kann wie ein Kind, der ist der Grösste in Gottes Reich (Matthäus 18).»
Als Mann fällt mir das oft schwer. Ich habe gelernt, mich zu behaupten, die Dinge im Griff zu haben und nie die Fassung zu verlieren. Und jetzt soll ich in der Begegnung mit Gott zugeben, dass ich Hilfe brauche, vieles nicht verstehe und vor ihm schwach sein darf? Das ist nicht nur gewöhnungsbedürftig. Das muss ich üben. Ich will die Praxis des kindlichen Gebets lernen. Ich will es versuchen; kindliche Vorbilder gibt es ja (noch) genug.

* alles gemäss «Religionsmonitor» der Bertelsmann-Stiftung

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