Der barmherzige Kosovare

In einer Kleinstadt am Rande der Alpen war ein Mann spätabends zu Fuss unterwegs nach Hause. In einer engen Gasse wird er plötzlich von drei betrunkenen Halbwüchsigen umstellt. Sie belästigen ihn und schlagen sofort auf ihn ein. Wie er am Boden liegt, treten sie ihm in den Unterleib und gegen den Kopf. Er ist bereits bewusstlos, als sie ihm Handy und Portemonnaie nehmen und davon rennen.
Einige Häuser weiter unten verlässt ein Mitglied des Kirchgemeinderats die Sitzung. Der engagierte Mann ist froh, dass er nach den zusätzlichen Stunden ehrenamtlicher Arbeit heimgehen kann. Nach wenigen Schritten sieht er den leblosen Körper am Boden. Zig Gedanken schiessen ihm durch den Kopf. Schnellen Schrittes eilt er zu seinem Auto und fährt in die Nacht davon.
Fast zur gleichen Zeit verlässt eine Parlamentarierin das Rathaus und fährt mit dem Velo nach einer intensiven Sitzung durch die Gasse nach Hause. Als sie den Körper am Boden sieht, denkt sie: „Ein Betrunkener? Oder doch Opfer einer Schlägerei?“ Die Politikerin tritt in die Pedale und macht sich aus dem Staub.
Schliesslich geht ein dritter Mann durch die Gasse. Er stammt aus dem Kosovo und hat seine Arbeit im Restaurant beendet. Er sieht den Mann am Boden, geht zu ihm hin und spricht ihn an. „Er muss schwer verletzt sein“, denkt er. Er lagert ihn richtig und ruft eine Ambulanz. Am nächsten Tag besucht er das Opfer im Spital und erkundigt sich, wie es ihm geht.
So könnte das Gleichnis heute lauten, das Jesus vor 2000 Jahren erzählte, als ihn ein frommer Mann fragte, wer denn sein Mitmensch und damit der Nächstenliebe würdig sei. Nach dem Erzählen dieser Geschichte fragte er zurück: „Wer hat nun am Opfer als Mitmensch gehandelt?“ Jesus zeigte auf: Gottes Liebe kennt keine Grenzen zwischen Einheimischen und Fremden. Und unsere sollte es auch nicht. Nachzulesen ist die Parabel im Lukasevangelium, Kapitel 10.

Kommentare

Sibylle Weber hat gesagt…
Ich lese Beitrag nach Beitrag und in jedem steckt eine engagierte Predigt von Hoffnung und Liebe! Vielen Dank.

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